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Welche Texte erscheinen im Museum? Bericht von einer Tagung, Teil 1

Avatar of Michael Huter Michael Huter - 03. Dezember 2016 - Allgemein

"Text at the Museum", International Conference. Krakau: Nationalmuseum, 26. und 27. Oktober 2016

„ ... weil wir die Ausstellung nicht mit Text zumüllen wollten“. Das war die einfache Antwort auf die Frage, warum die Kuratorengruppe in ihrer Ausstellung „Ćwiczenia przed lustrem“ (Übungen vor dem Spiegel) ganz auf Text verzichten wollte. Es ging dabei um ein Projekt von Studierenden am Institut für Kunstgeschichte an der Jagiellonen-Universität in Krakau. Auch bei der Konzeption arbeiteten sie ausschliesslich mit Diagrammen, Skizzen, visuellen Abstracts und Exzerpten. Beispiele davon waren im Pausenbereich der Tagung „Text at the Museum“ am Nationalmuseum in Krakau zu sehen.

Die Tagung (Leitung: Agnieszka Gryska) wurde von der Jagiellonen Universität und dem Nationalmuseum Krakau am 26. und 27. Oktober veranstaltet. Es lag natürlich nahe, mit der traditionellen Funktion von Texten in Ausstellungen zu beginnen. Das Verhältnis von Sprache und Exponaten war aber nur ein Aspekt des Themas. In insgesamt 26 Präsentationen wurden die verschiedensten Erscheinungsformen von Text im Museum behandelt.

Trotz verbreiteter Textskepsis und gelegentlicher Totalabstinenz – dass Texte in Ausstellungen unverzichtbar sind, darüber bestand weitgehend Konsens. Auch mit noch so raffinierter Szenographie lässt sich die „Idee“ einer Ausstellung nämlich nicht wirklich vermitteln. Informative und Wissen vermittelnde Texte sind die Vorausetzung, dass Besucher_innen bei der Entschlüsselung des komplexen „Textes“ einer Ausstellung kooperieren können.

Die Lingusitin Dorota Korwin-Piotrowska (Krakau) plädierte dafür, das Textrepertoire je nach Besucher_innen-Typ zu differenzieren. „Passers-by“ sind diejenigen, die eigentlich ohne spezielle Motive in die Ausstellung geraten und passiv konsumieren. Sie brauchen andere Informationen als interessierte Besucher_innen ("participants") oder solche, die selbst mitmachen und involviert werden wollen ("performers"). Was alle Besucher_innen aber gleichermaßen brauchen, sind Anreize und Anregungen. Zuwenig Nachdruck und Betonung ("lack of emphasis") ist dann auch ein Mangel, den viele Texte gemeinsam haben. Stilistische Abweichungen und literarische Mittel ("credible fiction") können hier abhelfen.        

Die Kulturwissenschaftlerin Barbara Margarethe Eggert (Donauuniversität Krems) verband in ihrem Vortrag das Lob des guten alten Audioguides mit einer differenzierten Kritik der dabei verwendeten Textmuster. Beim Versuch, es allen recht zu machen, habe sich eine Art Nivellierung nach unten eingebürgert: Die Besucher_innen werden meist wie Unmündige und Unwissende behandelt. Dass hier selbst Museen wie der Louvre kein Vorbild sind, zeigte Peter David Friedrich (Bielefeld). Er analysierte die Audiotakes zur Mona Lisa und entdeckte bei Logik und Verständlichkeit krasse Schnitzer. Aber selbst wenn der Audioguide vielleicht inzwischen anachronistisch anmute, das gesprochene Wort bleibe – unabhängig von der technischen Darbietung – weiter ein zentrales Mittel der Ausstellungskommunikation.

Fortsetzung folgt

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