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Welche Texte erscheinen im Museum? Bericht von einer Tagung, Teil 3

Avatar of Michael Huter Michael Huter - 11. Dezember 2016 - Allgemein

"Text at the Museum", International Conference. Krakau: Nationalmuseum, 26. und 27. Oktober 2016

Das Programm der Tagung beschränkte sich nicht nur auf Themen im Zusammenhang mit der Gebrauchstextsorte „Ausstellungstexte“, egal ob nun an der Wand, auf Papier oder in anderen Trägermedien. Es ging auch um Texte, die hinter den Texten stecken. In der Ausstellung erscheint ja nur jene Menge an „Information“, die notwenig ist, um die Ausstellung plausibel zu machen. Dahinter bzw. darunter verbirgt sich ein unsichtbares und ungleich größeres Textnetz, von dem die Ausstellung umgeben und getragen ist.

Katarzyna Barańska, Joanna Hajduk und Piotr Idziak begaben sich auf die Suche nach dem fundamentalen Text hinter den Texten und Ausstellungen. Die Gruppe vom Małopolska Institute of Culture (Krakau) berichtete von ihrer Beratungstätigkeit für Museen. Bei der Konzeption gehen sie noch einen Schritt hinter den Punkt zurück, der in der Literatur als „The big idea“ (Beverly Serrell) bekannt ist. Als Leitmetapher ist die „Essenz“ eines Museums bzw. einer Ausstellung mehr als das Thema. Als formulierte Interpretation ist Essenz der  Inbegriff dessen, was der Inhalt eines Museums für die Besucher_innen bedeuten kann. Der Ansatz ist in einem Buch ausführlich dargestellt und on line frei zugänglich: https://issuu.com/mik.krakow/docs/o_metodzie_en_wstepna_internet

Genauso engagiert wie inspirierend beschrieb Magdalena Mazik (Museum of Contemporary Art in Krakow MOCAK) die Rolle der Bibliothek im Museum zeitgenössischer Kunst. Die Bibliothek bildet einen physischen und virtuellen Denkraum, aus dem heraus Ausstellungen entstehen. Umgekehrt können Besucher_innen Ideen aus der Ausstellung aufgreifen und in der Bibliothek überprüfen und weiterentwickeln. Die Bibliothek ist also eine Art Kraftwerk, in dem Ideen und Gedanken erzeugt werden. Die Bibliothekar_innen spielen damit in der Ausstellungskommunikation eine wesentlich aktivere Rolle, als man üblicherweise vermutet. Dass im Museum nicht gesichertes Wissen an eine status- und bildungsbedürftige Klientel vermittelt wird, versteht sich von selbst.  

Ein schönes Beispiel für einen erweiterten Textbegriff lieferte Mirjam Dénes (Museum of Fine Arts, Budapest). Im Rahmen einer Ausstellung im Ferenc Hopp-Museum für asiatische Kunst wurden Besucher_innen motiviert, nach den Mustern der mittelalterlichen Geschichte vom Prinzen Genji selbst Gedichte zu schreiben. Das führte zu einer intensiven und sozusagen subkulturellen Textproduktion, die vorübergehend geradezu viralen Charakter annahm.

Sprache kann auch selbst Gegenstand von Ausstellungen sein. Die Kunsttheoretikerin Kim Dhillon (Royal College of Art, London) zeigte das am Beispiel von Mary Kellys „Post Partum Document“ (1973-79). Sie beleuchtete damit ein Kapitel der jüngeren Kunstgeschichte, für das Namen wie Lawrence Wiener, Dan Graham und eben Mary Kelly stehen. „Language to be Looked at and/or Things to be read“ – so hatte das Robert Smithson anlässlich einer Ausstellung im Jahr 1967 genannt, wenn Text als Medium und Botschaft „autonom“ erscheinen. Es geht um sichtbare Texte, die um Ihrer selbst willen da sind und bei denen die ästhetische Funktion über die Mitteilung dominiert.

Ein Ereignis, das sowohl Philosophie- als auch Kunstgeschichte schrieb, behandelte die Kunsthistorikerin  Francesca Gallo (Sapienza Università di Roma). Sie analysierte den Stellenwert von Texten in der Ausstellung „Les Immateriaux“, die der Philosoph Jean-François Lyotard 1985 im Pariser Centre Pompidou kuratierte und als Meilenstein der jüngeren Ausstellungsgeschichte gilt.  

In diesem Überblick konnte ich nur ausgewählte Beiträge und Themen erwähnen. Eine Sammlung sämtlicher Beiträge soll im Laufe des Jahres erscheinen.

Das Programm der Tagung beschränkte sich nicht nur auf Themen im Zusammenhang mit der Gebrauchstextsorte „Ausstellungstexte“, egal ob nun an der Wand, auf Papier oder in anderen Trägermedien. Es ging auch um Texte, die hinter den Texten stecken. In der Ausstellung erscheint ja nur jene Menge an „Information“, die notwenig ist, um die Ausstellung plausibel zu machen. Dahinter bzw. darunter verbirgt sich ein unsichtbares und ungleich größeres Textnetz, von dem die Ausstellung umgeben und getragen ist.

Katarzyna Barańska, Joanna Hajduk und Piotr Idziak begaben sich auf die Suche nach dem fundamentalen Text hinter den Texten und Ausstellungen. Die Gruppe vom Małopolska Institute of Culture (Krakau) berichtete von ihrer Beratungstätigkeit für Museen. Bei der Konzeption gehen sie noch einen Schritt hinter den Punkt zurück, der in der Literatur als „The big idea“ (Beverly Serrell) bekannt ist. Als Leitmetapher ist die „Essenz“ eines Museums bzw. einer Ausstellung mehr als das Thema. Als formulierte Interpretation ist Essenz der  Inbegriff dessen, was der Inhalt eines Museums für die Besucher_innen bedeuten kann. Der Ansatz ist in einem Buch ausführlich dargestellt und on line frei zugänglich: https://issuu.com/mik.krakow/docs/o_metodzie_en_wstepna_internet

Genauso engagiert wie inspirierend beschrieb Magdalena Mazik (Museum of Contemporary Art in Krakow MOCAK) die Rolle der Bibliothek im Museum zeitgenössischer Kunst. Die Bibliothek bildet einen physischen und virtuellen Denkraum, aus dem heraus Ausstellungen entstehen. Umgekehrt können Besucher_innen Ideen aus der Ausstellung aufgreifen und in der Bibliothek überprüfen und weiterentwickeln. Die Bibliothek ist also eine Art Kraftwerk, in dem Ideen und Gedanken erzeugt werden. Die Bibliothekar_innen spielen damit in der Ausstellungskommunikation eine wesentlich aktivere Rolle, als man üblicherweise vermutet. Dass im Museum nicht gesichertes Wissen an eine status- und bildungsbedürftige Klientel vermittelt wird, versteht sich von selbst. 

Ein schönes Beispiel für einen erweiterten Textbegriff lieferte Mirjam Dénes (Museum of Fine Arts, Budapest). Im Rahmen einer Ausstellung im Ferenc Hopp-Museum für asiatische Kunst wurden Besucher_innen motiviert, nach den Mustern der mittelalterlichen Geschichte vom Prinzen Genji selbst Gedichte zu schreiben. Das führte zu einer intensiven und sozusagen subkulturellen Textproduktion, die vorübergehend geradezu viralen Charakter annahm.

Sprache kann auch selbst Gegenstand von Ausstellungen sein. Die Kunsttheoretikerin Kim Dhillon (Royal College of Art, London) zeigte das am Beispiel von Mary Kellys „Post Partum Document“ (1973-79). Sie beleuchtete damit ein Kapitel der jüngeren Kunstgeschichte, für das Namen wie Lawrence Wiener, Dan Graham und eben Mary Kelly stehen. „Language to be Looked at and/or Things to be read“ – so hatte das Robert Smithson anlässlich einer Ausstellung im Jahr 1967 genannt, wenn Text als Medium und Botschaft „autonom“ erscheinen. Es geht um sichtbare Texte, die um Ihrer selbst willen da sind und bei denen die ästhetische Funktion über die Mitteilung dominiert.

Ein Ereignis, das sowohl Philosophie- als auch Kunstgeschichte schrieb, behandelte die Kunsthistorikerin  Francesca Gallo (Sapienza Università di Roma). Sie analysierte den Stellenwert von Texten in der Ausstellung „Les Immateriaux“, die der Philosoph Jean-François Lyotard 1985 im Pariser Centre Pompidou kuratierte und als Meilenstein der jüngeren Ausstellungsgeschichte gilt.  

In diesem Überblick konnte ich nur ausgewählte Beiträge und Themen erwähnen. Die Auswahl ist von meinen Kapazitäten und Interessen her beschränkt. Eine Sammlung sämtlicher Beiträge soll im Laufe des Jahres erscheinen.

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